Dezember

Dezember

 

 

Der Dezember war eigentlich ziemlich unaufgeregt. Wie immer war ich viel zu spät dran mit Weihnachtsgeschenken, überall lief Weihnachtsmusik und es gab viele Lichterketten zu sehen. Wirkliche Weihnachtsmärkte sind in Estland zwar nicht so weit verbreitet, aber es gibt eine kleine „Jõululinn“ (Weihnachtsstadt) auf dem Rathausplatz in Tartu und der dort verkaufte „Glögi“ (eine Art Kinderpunsch/ Glühwein) schmeckt sehr gut. Ein Highlight war auf jeden Fall der ganze Schnee und auf meine weißen Weihnachten waren viele Menschen in Stuttgart sehr neidisch.

Weihnachtsmarkt in Tallinn. Im Vergleich zu den deutschen Märkten recht klein, aber trotzdem schön anzusehen.
-24°C
-24°C

Zu Beginn des Monats war es für einige Tage richtig kalt, an zwei Tagen sogar -24°C, was für mich definitiv eine coole Erfahrung war. Seitdem fühlen sich die -2° bis -7°, die es recht oft gibt, wenn nicht warm, dann aber auf jeden Fall normal an.

Mir wurde gesagt, dass das selbst für Estland keine normale Dezembertemperatur ist, was das ganze nochmal etwas besonderer gemacht hat.

 

Auch in meiner Wohnung habe ich die niedrigen Temperaturen gespürt. In den Tagen bin ich kaum vom Feuer weggegangen und habe mit Socken geschlafen.

Arbeit

Im Dezember haben wir auf Arbeit sehr viel gebastelt, gebacken und gegessen. Einen großen Teil der Weihnachtsdekoration haben wir selbst hergestellt, es gab regelmäßg estnische „piparkoogid“, also Pfefferkuchen, zu essen, welche mir fast ein wenig zu würzig waren und ich war in mehreren Units unterwegs, um dort deutsche Plätzchen zu backen.

Am 23. Dezember gab es ein großes Weihnachtsmittagessen, das von allen mit großer Spannung erwartet wurde. Vor dem Essen kam der „Jõuluvana“ (Weihnachtsmann) vorbei und jede*r musste etwas kurzes vortragen, um ein Geschenk bekommen zu können.
Zum Essen gab es die volle Palette an estnischen Weihnachtsspeisen. Von der sehr beliebten Blutwurst über Kartoffelsalat (in den wirklich alles reingemacht wird) und eingelegten Kürbisbis hin zum „kringel“ als Nachspeise. Insgesamt hat es mir sehr gut geschmeckt, obwohl Blutwurst definitiv nicht mein neues Lieblingsgericht wird.

Kurz vor Jahresende haben wir dann noch einige der unzähligen alten Zeitschriften zusammengesucht und gemeinsam Collagen für und über das neue Jahr erstellt. Das hat viel Chaos am Tisch angerichten, war aber sehr witzig.

Die Feiertage

Weihnachten
Die Altstadt Tallinns
Die Tallinner Altstadt

Am 23. Dezember bin ich nach der Arbeit mit dem Zug nach Tallinn gefahren und vom Bahnhof dann mit dem Bus in den Stadtteil Lasnamäe gefahren, der als „russian neighbourhood“ gilt, wo mich Dortje, eine der Freiwilligen aus Tallinn abgeholt hat. In Tallinn hat es an diesem Abend sehr viel geschneit und gleichzeitig war es recht kalt, wodurch wir nach wenigen Minuten schon aussahen wie Schneemänner.
Die Wohnung der Freiwilligen liegt im 9ten und 10ten Stock eines Plattenbaus und wird sich von 6 Freiwilligen geteilt, von denen an Weihnachten aber nur 2 (Deutsche) und der Boyfriend der einen da war. Mit der zusammengewürfelten Küche und der Treppe ohne Geländer sieht die Wohnung nach deutschen Standards schon recht schäbig aus, aber nach fast drei Monaten in Estland wirkte sie vor allem sehr warm und heimelig.

Am Heilig Abend haben wir alle erst einmal ausgeschlafen. Morgens habe ich etwas Estnisch gelernt, gefrühstückt und wir haben unser Abendessen (norddeutschen Kartoffelsalat) vorbereitet. Anschließend wurde ich von Dortje in der wirklich sehr hübschen Tallinner Altstadt herumgeführt und mir auch den kleinen Weihnachtsmarkt in Tallinn angeschaut. Nach einem Abstecher zu einem riesigen Supermarkt sind wir nach Hause gegangen, haben Abend gegessen und dann spontan beschlossen in einen estnischen Weihnachtgottesdienst zu gehen. Die Kirche war eigentlich Lutheranisch, aber es wurde dort vom Bischoff ein 1.5h langer katholischer Gottesdienst abgehalten. Dieser war sehr schön und der Kirchenchor konnte gut singen, aber es war schon sehr viel Latein und gregorianische Gesänge. Von der Predigt haben wir ungefähr ein Viertel verstanden, aber auch nur, weil in jedem zweiten Satz „meie sünnilaps“ wiederholt wurde.
Nach der Kirche mussten wir noch eine Dreiviertelstunde nach Hause fahren, haben noch mehr gegessen und noch bis etwa 3 Uhr nachts geredet.

Am 1. Weihnachtsfeiertag haben wir dann  entsorechend lange geschlafen und  erst gegen halb eins gefrühstückt. Damit ich wenigstens etwas Bewegung bekomme habe ich anschließend einen Spaziergang gemacht und die Gegend erkundet. Das schöne an estnischen Städten ist, dass man selbst von den Plattenbausiedlungen mit den riesigen , immer gleichen Häuserkomplexent, nicht lange laufen muss, um in etwas grün (oder in diesem Fall weiß) zu kommen. Also bin ich ein wenig durch den Park geschlendert und habe Kindern beim Schlittenfahren von einem mini-Hügel beobachtet.
Abends waren Freiwillige aus anderen Tallinner Wohnungen bei uns zu besucht und jeder hatte traditionelles Essen aus seinem Land mitgebracht. was sehr lecker, aber auch sehr viel zu essen war. Zusammen war es eine sehr gesellige Runde und hat viel Spaß gemacht. Zwischendurch habe ich mit meiner Familie telefoniert.

Auch am zweiten Weihnachtsfeiertag haben wir es sehr entspannt angehen lassen. Das Highlight des Tages war auf jeden Fall der etwa einstündige Spaziergang zum Meer, auf einer sehr schönen Strecke weg von den Häusern und durch einen Wald geführt hat. An der Küste war das Meer sogar etwas gefroren, und es war sehr witzig darüber zu laufen, aber mehr als einen halben Meter haben wir uns nicht auf das Eis getraut.

Silvester

Auch für Silvester habe ich mich wieder auf den Weg nach Tallinn gemacht. Zusammen mit Dortje und Nina war ich einkaufen. Anschließend haben wir ein bisschen Deko gebastelt und Bowle vorbereitet. Zum Abendessen gab es sehr leckere Gemüselasagne und gegen 21 Uhr kamen die ersten Volunteers ais den anderen Wohnungen, die auch noch mal Snacks mitgebracht haben. Die Bars und Clubs hätten sogar ausnahmsweise länger als 23 Uhr offen gehabt, aber da wir wegen Omikron schon etwas vorsichtig waren und es in der „Russian neighbourhood“ in der die Wohnung liegt, sowieso die besten Feuerwerke geben soll, haben wir uns dagegen entschieden. Tatsächlich wurden wir nicht enttäuscht. Um Mitternacht konnte man auf allen Seiten aus verschiedenen Entfernungen Raketen sehen und schon bald war so viel Nebel in der Luft, dass man die Häuser 100m weiter trotz Beleuchtung nicht mehr erkennen konnte.